Vergnügliches und Nachdenkliches zum zweiten Tag von Leipzig liest in Taucha
Die Lesungen am zweiten Tag von “Leipzig liest in Taucha” im Kulturcafe esprit hätten gegensätzlicher nicht sein können. Während Uwe Bismark vergnügliche Episoden aus dem Schulalltag vorstellte, widmete sich Susan Hastings mit der Aufarbeitung von Schicksalen der unzähligen Namenlosen während der Völkerschlacht vor 200 Jahren einem sehr ernsten Thema. Doch das macht gerade den Reiz der Lesereihe “Leipzig liest in Taucha” aus. Es ist für jeden etwas dabei.

Uwe BismarkSeine Erfahrungen aus 30 Jahren Schuldienst hat Uwe Bismark in einem Buch “Letzte Verwarnung !” zusammen gefasst. Ausdrücklich widmet der Borsdorfer Lehrer das Buch “allen Lehrern dieser Welt, die den Kampf für eine gute Erziehung nicht aufgegeben haben”, wie es im Vorwort heißt. Vortrefflich gelingt es Bismark dabei sowohl Lehrer- als auch Schülercharaktere zu zeichnen und das Geschehen wahlweise mal aus der einen oder der anderen Sicht darzustellen. So plant z.B. der Mathematiklehrer Friedel alles minutiös, sogar den Stuhlgang seines Hundes nach dem Motto: “Eine genaue Planung ist alles im Leben”. Dagegen der Schüler Kevin, der seine Eltern schon einmal als “Nervsäcke” bezeichnet, um damit vor seinen Mitschülern zu prahlen. Die Besucher im gut gefüllten cafe esprit erlebten eine kurzweilige und unterhaltsame Lesung, auch weil Bismark am Schluss seiner Lesung noch Stilblüten seiner Schüler aus 28 Schuljahren präsentierte. Christine Müller hat in vielen Passagen des Buches sogar ihre eigene Schule wieder entdeckt. Die pensionierte Lehrerin wünscht sich vorallem, dass sich die Lehrer den Schülern zuwenden möchten und hofft “dass in Sachsen mehr dafür getan wird, um junge Leute hier zu halten”. Für sie gibt es keinen schöneren Beruf als den des Lehrers. Mit diesen Worten endet auch das Buch und Biskmark gibt am Schluss seiner Lesung der Hoffnung Ausdruck, dass die Kollegen auch in 40 Jahren noch solche Bücher schreiben können.

Susan HastingsZu Beginn ihrer Lesung deutete Susan Hastings an, dass es jetzt nicht so kuschelig wird, wie es die Atmosphäre im Kulturcafe eigentlich hergibt. Zunächst nimmt sie die Besucher bei ihrer Lesung aus dem soeben im Plöttner-Verlag erschienenen Buch “Schusterjunge Karl” mit auf eine Reise in das Leipzig vor 200 Jahren, z.B. auf den Fleischmarkt in der Fleischergasse mit viel Geruch. Dabei erinnert sie auch an historische Orte, wie z.B. die alte Bürgerschule, wo sich heute die Moritzbastei befindet. Langsam und behutsam führt sie in das Thema. Doch als plötzlich ein Wagen von Verwundeten durch die Stadt fährt, wird es auf einmal Ernst. Der Schusterjunge Karl wird Soldat und erlebt hautnah, wie sich die angreifenden Armeen über sich wälzen und Freund oder Feind nicht mehr auseinander halten können. “Eine Landschaft voller Leichen, wofür sind die eigentlich gestorben” fragt sich ihr Titelheld und ihm wird auf einmal klar, dass auch er mit Verursacher des Leides war. Die Personen im Roman sind zwar frei erfunden, aber die Schicksale hat sie von tatsächlichen Ereignissen adaptiert. “Ich musste dazu nichts erfinden”, sagte die Autorin dazu. Ihr Anliegen war es gerade mit dem Buch zu zeigen, wieviel Leid hinter den nackten Zahlen der Völkerschlacht steht und wollte bewußt über Menschen schreiben, die keinen Namen hatten. Mit Hinblick auf die Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag der Völkerschlacht im Herbst diesen Jahres mahnte die Gellert-Preisträgerin: “Das Ganze soll nicht zum Unterhaltungscharakter verkommen” und lehnt bezüglich der Völkerschlacht das Wort Jubiläum strikt ab. Julia Lehne, die Hastings schon bei mittelalterlichen Lesungen auf der Harfe begleitet hat, findet, dass man sich als Leipziger viel zu wenig mit diesem Thema beschäftigt. Durch die Lesung wurde sie angeregt, trotz des Themas das Buch mal zu lesen.

Auf ihr nächstes Projekt angesprochen, sagte Susan Hastings, dass sie an einer Biografie über Christian Fürchtegott Gellert schreibt, die rechtzeitig vor dem 300. Geburtstag des meistgelesenen deutschen Schriftstellers 2015 im Tauchaer Verlag erscheinen soll.

Veröffentlicht am 15.03.13 auf www.taucha-online.de