Spreewaldgurken, der Schwejk vom Katharinenberg und Blues zum Abschluss von „Leipzig liest in Taucha“
Zum literarischen Finale von „Leipzig liest in Taucha“ und leider auch im Kulturcafe esprit gab es zwei interessante Lesungen mit der Spiegelbestsellerautorin Cathrin Möller sowie dem Pfeffermüller i.R. Hanskarl Hoerning und dem Artisten Gerd Voigt. Den musikalischen Schlußpunkt setzte der Blueser Dr. Slide.
Mit ihrem ersten Roman „Wolfgang muss weg“ hat es Cathrin Moeller 2015 auf Anhieb in die Spiegelbestseller-Liste geschafft. Zur Leipziger Buchmesse hat sie ihren neusten Roman „Die Spreewaldgurken Verschwörung“ mitgebracht, den sie am Samstag Abend auch im Kulturcafe esprit vorstellte. Auch dieser Roman hat es auf Platz 27 beim Lovelybooks Leserpreis Humor 2016 geschafft. Eine beachtliche Leistung für die Diplomsozial- und Theaterpädagogin aus einem kleinen Dorf bei Delitzsch. Versuch einer Erklärung. Moellers Kriminalromane sind bei Miras Taschenbuch erschienen, die zum Hamburger Verlag HarperCollins Germany gehören, der wiederum Teil des traditionsreichen Konzerns HarperCollins Publishers ist, dem zweitgrößten Publikumsverlag der Welt. Den Kontakt hatte ihr eine Münchener Literaturagentur hergestellt. Nach dem großen Erfolg ihres Debüt-Romans wurde Moeller vom Verlag um eine Fortsetzung gebeten. Einzige Vorgabe des Verlags: Es muss sich um einen Schwesternkonflikt handeln, wo Moeller doch gar keine Schwester hat. Aber auch kein Problem, so wurde aus der angedachten Freundin der Romanheldin Helene ihre Schwester. Die beiden Schwestern treffen sich unverhofft wieder als die Apothekenhelferin Helene bei Auslieferung eines Medikamentes eine Leiche findet und prompt des Mordes verdächtigt wird. Doch gemeinsam mit ihrer Schwester, einer Staatsanwältin, macht sie sich auf die Suche nach dem wahren Mörder und da spielt ein geheimes Spreewaldgurken-Rezept eine wichtige Rolle. Eine Spreewaldgurken Verschwörung also. Der Tauchaer Jens Dölling, ein Spreewaldfan durch und durch, der auch schon den Gurkenradweg abgeradelt hat, mag Lesungen und war ganz angetan: „So kriegt man mit, wer hinter dem Buch steht und das ist viel besser“.
Zum literarischen Frühstück am Sonntag morgen kamen die Marienbrunner Hannskarl Hoerning und Gerd Voigt ins trotz Zeitumstellung gut besuchte Kulturcafe. Hoerning stellte sein Buch „Der Schweijk von Katharinenberg“ (Aus dem Leben des Aristen Gerd Voigt) vor und wer Voigt kennt, der weiß ohne eine Kostprobe seiner Kunst geht er nicht von der Bühne. Aus Sicht des Satirikers hat Hoerning die Geschehnisse aus Voigts Leben nieder geschrieben. Da geht es weniger um den Artisten als einen Vorgesetzten der ehemaligen Nationalen Volksarmee der DDR, der mit drei Grenzsoldaten 1965 am damaligen Grenzkontrollpunkt Katharinenberg mehrmals durch die Sperranlagen gekrochen ist, um mit den Leuten von „drüben“ ins Gespräch zu kommen und ein Bier zu trinken. Für die Volksarmisten war des ein Mordsgaudi, eine „Schwejkade“, die aber verheerende Folgen hatten. Zu DDR-Zeiten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt später begnadigt wurde das Urteil auch nach der Wende nicht revidiert, offensichtlich weil sie ihre Haft im Stasiknast verbrachten. Unglaublich aber wahr. So gilt Voigt, der im vergangenen Jahr seinen Abschied von der Bühne gefeiert hat, heute noch als vorbestraft. Doch typisch Schweijk er nimmt‘s gelassen und trifft sich noch heute zum Himmelfahrtstag mit seinen Kameraden und den „Feinden“ von damals, um am Ort des Geschehens ein Baum zu pflanzen. Trotz des ernsten Hintergrundes war es eine amüsante zuweilen auch heitere Lesung, wo Hoerning geschickt satirische Pointen setzte und Gerd Voigt mit Biergläsern und einem Messer im Mund jonglierte, wie in alten Zeiten…
Ein schöner Ausklang der Lesungen im Kulturcafe, denn diesmal setzte Dr. Slide und Blind Doc Mayer mit phantastischer Bluesmusik den Schlußpunkt unter die Lesereihe “Leipzig liest in Taucha”. Aber auch Dr. Slide hatte zur Buchmesse etwas beizutragen. Er ist am Buch “Eingemauerter Twist – Biographische Stationen” von Thomas Renker beteiligt. Darin berichten 17 bekannte Rock- und Bluesmusiker in zugespitzten Anekdoten und lyrischen Texten aus ihrem Leben in der DDR. Zum Abschied bedankte sich Slide bei Jürgen Rüstau mit den Worten: “Wir sind immer gerne hierher gekommen und ohne Dich und das esprit fehlt etwas in der Umgebung, dass es auch in Leipzig nicht gibt”. Auch sein Duett-Partner an diesem Abend, der Harmonika-Spieler Blind Doc Mayer lobte die Atmosphäre im esprit und ergänzte: “Man muß immer authentisch sein”. Und das waren sie nicht nur an diesem Abend.
Veröffentlicht am 27.03.17 auf
www.taucha-online.de