Amüsante Blaue Stunde mit Schauspieler Ernst-Georg Schwill
Tobias Meier und Ernst-Georg Schwill Zur 24. Auflage der Blauen Stunde des Kunst- und Kulturvereins Taucha (KuKuTa) war mit Ernst Georg Schwill ein Schauspieler zu Gast, der dem ehemaligen Filmstudio der DDR (DEFA) ein Gesicht ein Gesicht gegeben hat. Spielte er doch den Rainer Meister in Heiner Carows antifaschistischen Film "Sie nannten ihn Amigo" (1958). Seine Erinnerungen an die diese frühen Jahre der DEFA, aber auch rein private Episoden hat er inzwischen in seinem Buch "Is doch keene Frage nich" nieder geschrieben. Das Buch ist autobiografisch, "da ist nichts dazu gedichtet" und er hat es auch noch mit der Hand geschrieben, wie er dem erstaunten Moderator Tobias Meier erzählte. Mit den technischen Dingen hätte er nichts am Hut. Seine Frau, die er mehrfach erwähnte, hat das Buch dann mit dem Computer geschrieben. Auf die Frage wie er dazu gekommen ist ein Buch zu schreiben entgegnete er in seinem typischen Berliner Dialekt: "Freunde sagten mir bei 'ner Tasse Molle (Bier): Schreib doch alles off". Einen weiteren Anstoss dazu gab ihm sein Kollege Edgar Kühlow. Dann las er auch einige lustige Episoden aus dem Buch und erheiterte damit die Zuschauer im vollem cafe esprit, obwohl die (Hinterhof-) Geschichten in der schweren Nackriegszeit spielten. Zum Lesen benutzte er übrigens einen Lesehalter, den hätte er mal bei einem Trödelmarkt in Magdeburg erworben. Auf die Frage wie er überhaupt zur DEFA gekommen sei, erzählte Schwill, dass Leute von der DEFA eines Tages in das Kinderheim kamen, wo er nach dem Tod seiner Eltern und einer gewissen Zeit bei seiner Tante und Onkel hinkam. Aber dann musste er in ein anderes Heim "für Schwererziehbare" umziehen, wie er freimütig bekannte. Da hat er dann einen "Bettelbrief" an die DEFA geschrieben, der sich noch heute in den DEAFA-Analen befindet und von dem Schwill den erstaunten Gästen im esprit eine Kopie zeigte. Während seiner Studentenzeit hat er dann seine ersten Kinofilme gedreht, u.a. "Ecke Schönhauser" mit Ekkehard Schall. Zu den damaligen Produktionen sagte er: "Früher gab es bei den Filmen keine finanziellen Zwänge", da ging es noch um Kunst.

Nach der Wende hat sich dann Ernst-Georg Schwill gleich eine Agentur gesucht und war sich auch nicht zu Schade, kleine Rollen zu spielen. Die sind dann zu seinem Markenzeichen geworden. Seit 10 Jahren spielt er im RBB-Tatort den Assistenten Lutz Weber und er hat auch schon in der mdr-Arztserie "In aller Freundschaft" mitgespielt. Selbst einem Tsxifahrer in "Good bye Lenin" gab er ein Gesicht. Dazu sagte der "König der Nebenrollen", wie Schwill heute bezeichnet wird: "Wenn ich die kleinen Rollen nicht spiele, machen es andere aber schlechter". Auf die Frage von Tobias Meier ob er bei seiner Tatort-Rolle auch ein Mitspracherecht bei den Texten hätte entgegnete er: "Das haben nur die Hauptdarsteller, ich als Nebendarsteller kann nur etwas berlinerisch rumfummeln." Kritisch setzte er sich dazu mit den eigenen RBB-Tatorten auseinander, wo seiner Meinung nach die gesellschaftlichen verhältnisse zu wenig reflektiert werden. "Ich bin zwar aufsässig, aber nicht doof" resümierte er vielsagend über seine Arbeit mit den heutigen Regisseuren. Zu seinen zukünftigen Plänen sagte der 71-jährige Schwill": Theater will ich nicht mehr spielen, aber noch Lesungen geben". Inzwischen hat er ein zweites Buch fertig und beim Verlag abgegeben.

Musikalisch umrahmte Anja Seifert aus Borna, Studentin an der Leipziger Musikhochschule, die Veranstaltung mit jazzigen Klängen und hat Schwill schon mal demonstiert wie lange man am E-Piano den Ton halten kann. Es war ihr erster Auftritt im Kulturcafe. Auch Familie Becker aus Portitz war das erste Mal im cafe und lobte vorallem, dass es etwas Wert ist, wenn ein ehemaliger DDR-Schauspieler in das Kulturcafe kommt. Sie sind extra wegen Ernst-Georg Schwill ins esprit gekommen. Das Schwill-Buch "Is doch keene Frage nich" ist übrigens in der Buchhandlung Leselaune noch zu haben. "Wir haben genügend vorrätig" betonte Inhaberin Anke Kauffmann gegenüber dem Online-Magazin.
Bei der nächsten Blauen Stunde am 16. November gibt es unter dem Motto: "Eingesperrt" einen bewegten Abend mit Zeitzeugen und Musik aus der Zeit einer DDR-Jugend hinter Gittern.

Veröffentlicht am 19.10.10 auf www.taucha-online.de